Was ist eine romantische Stereo - Orgel ? Ein Konzert

Sa, 22.04.2023

"Throwback 1913":
1913 - Europa steht nach einem Jahrhundert voller Umwälzungen und Veränderungen kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Mit der Industriellen Revolution und dem enormen technischen Fortschritt der Zeit gehen spannende Entwicklungen in Kunst und Kultur einher: Das bisherige, bekannte musikalische System wird wie noch nie zuvor hinterfragt, verändert und weiterentwickelt, wie im französischem Impressionismus, in der deutschen Spätromantik, in der Blüte der italienischen Oper oder im neu aufkommenden Jazz...
Neben Werken von Reger, Vierne, Debussy und Puccini erklingen im Konzert auch Jazz-Standards und Improvisationen in der Jugendstilkirche, dazu geben Pfarrer Wolfgang Marquardt und Anna-Maria Wilke kleine Einblicke in die Geschichte und Architektur der Gaisburger Kirche.
Vorab schon die Geschichte dazu:
Am 22. November 1913 wurde mit der neuerbauten Gaisburger Kirche auch die dreiteilige Orgel der Stuttgarter Firma Weigle eingeweiht. Die Orgel sollte sich architektonisch in den Kirchenbau einpassen und wurde vorne an der linken und rechten Seite des Chorrraums sowie hinten auf der zweiten Empore aufgebaut. Jedes dieser drei Werke sollte in sich klanglich geschlossen und von einem Spieltisch aus zu bedienen sein. Die neuen technischen Errungenschaften im Orgelbau machten es mittels elektropneumatischer Steuerung möglich, von einem Spieltisch aus alle drei Werke anzuspielen. Diese Dreiteilung ermöglicht dem Organisten verschiedene Raumklangeffekte gerade im Bereich der Orgelimprovisation zu erzeugen. Komponierte Musik kann man ebenso gut im Raum verteilen. So lassen sich bei frühbarocker Orgelmusik (z.B. J.P.Sweelinck: Echo-Fantasien) komponierte Echo-Stellen mit dem Fernwerk naturalistisch im Rücken der Zuhörer darstellen. Ebensogut lassen sich romantische Ideen auf eindrucksvolle Weise verwirklichen. Spielen alle drei Werke zusammen sitzt der Hörer mitten im Klang. Er nimmt die Musik sozusagen nicht rein äußerlich wahr sondern wird von ihr umhüllt und körperlich fühlbar mit getragen. Bei komplizierten Fugen von Max Reger können die Einsätze von den Themen nicht nur dynamisch sondern auch räumlich hervorgehoben werden. Leise und mystische Stellen kommen aus der Ferne, wenn man sie mit dem Echowerk gestaltet.

Genau das wurde damals bei der Eröffnung geplant, aber die Orgel hatte bei der Premiere einen technische Defekt und es kam zum Totalausfall...oh war das peinlich! Das erzähle ich dann aber dann gerne vor dem Konzert.